Oktober 2023

Der Energieverbrauch in Singapur ist gigantisch...
Der Energieverbrauch in Singapur ist gigantisch...
Little India, eintauchen in eine faszinierende Welt
Little India, eintauchen in eine faszinierende Welt

 

 

5. Oktober 2023

 

Brisantes Thema: Wie sieht die Energieversorgung einer dynamischen, tropischen Grossstadt mit knapp sechs Millionen Einwohner aus? Singapur überlässt auch bei der Energiesicherheit nichts dem Zufall. Zurzeit existieren mehrere Grosskraftwerke, die mit importiertem Flüssiggas betrieben werden. Dieses stammt aus der Nachbarschaft, also Malaysia und Indonesien. Ein leichter Überschuss an gewonnener Energie kann exportiert werden. Wie an vielen Orten auf der Welt sucht man auch hier ernsthaft nach Alternativen. Auf dem begrenzten Territorium sind grossflächige Solaranlagen schwer möglich. Ergiebig Wind steht ebenfalls nicht zur Verfügung. Immerhin, derzeit läuft ein Test mit einer Solarfläche vorgelagert auf dem Meer. Doch das ist letztlich ein Tropfen auf einen heissen Stein.

 

Doch jetzt wird es hochinteressant: Singapur ist mit Australien bezüglich einer Mega-Solaranlage im Northern Territory in Kontakt. Dort sind unberührte Landflächen und Sonneneinstrahlung vorhanden wie Sand am Meer. Die kühne Idee sieht vor, dass der in Nordaustralien anfallende Strom durch ein über 4000 kilometerlanges Unterwasserkabel nach Singapur geleitet wird. An beiden Landpunkten sind zudem grosse Akkuanlagen zur Speicherung geplant. Nach Realisierung des Milliardenprojekts sollte Singapur damit rund 15 Prozent des Stroms abdecken können. Das ist beachtlich, aber längst nicht genug, um den enormen Energiehunger des wichtigsten Handels- und Finanzplatzes Südostasiens zu stillen. Mit anderen Worten, auch hier wird mittlerweile offen über Atomkraftwerke diskutiert.

 

Technikaffin wie die Menschen hier ticken, will man allerdings nichts von den klassischen Reaktortypen wissen. Generation IV aufwärts müsse es dann schon sein. Gespräch mit einem einheimischen Nachbarn zum Thema Energiesicherheit. Der IT-Spezialist sagt, in Asien gehe man pragmatisch an die Thematik heran. Der nun einmal vorhandene Energiebedarf könne nicht mit Wunschvorstellungen gelöst werden. Er verweist auf den Grossverbraucher China, das sich zwar auch um alternative Quellen bemühe, jedoch weiter auf Kohle setze und über 20 Atomkraftwerke im Bau oder in der Planung habe. Unverständlich ist aus asiatischer Sicht etwa das Beispiel Deutschland: Alle AKW runterfahren, Kohle wieder hochfahren und in Frankreich um Atomstrom betteln.

 

 

 

 

12. Oktober 2023

 

War wieder einmal in «Indien» unterwegs. Gemeint ist Little India, einer von mehreren authentischen, quirligen Stadtteilen Singapurs. Wer Goldschmuck suchet, der findet hier. Im Überfluss. Ein Geschäft neben dem anderen. Schaue mir eine filigrane Halskette etwas genauer an. Die Verkäuferin sprintet bereits mit einem vorsintflutlich-tellergrossen Taschenrechner heran. Für 650 Singapur-Dollar sei es mein Schmuckstück (etwa 445 Schweizer Franken). Ich hebe eine Augenbraue. Verkäuferin hackt auf dem Rechner herum, danach sind es noch 550 Dollar. Ich lächle, nehme das Portemonnaie hervor, um einen Blick auf die Geldscheine zu werfen. Sie sieht meine Singapur-Bankkarte. Aha, kein Tourist? Taschenrechner muss wieder herhalten. Der spuckt ihr offenbar die Zahl 400 aus. Jetzt hat mich der Hafer definitiv gestochen. Kopf leicht neigen, Mund verziehen und schon sagt der Taschenrechner 350. Gehe ins Finale und entgegne: Wenn der 300 anzeige, sei es ok, so meine kühne Offensive. Die Goldkette verlässt mit mir den Laden. Little India ist einfach herrlich (im Wissen, dass ich trotz vermeintlichem Verhandlungsgeschick Zweiter gemacht habe).

 

 

 

15. Oktober 2023

 

Das Leben in der tropischen Grossstadt ist faszinierend und fällt wesentlich leichter als vorgestellt. An die Temperaturen verbunden mit der hohen Luftfeuchtigkeit gewöhnt man sich. Wer die touristischen Hotspots links liegen lässt, kann den Menschenmassen leicht ausweichen. Im U-Bahn-Gedränge gelingt das Abschalten hervorragend, weil sich die Mehrheit in unverständlichen Sprachen unterhält oder gebannt ins Handy starrt. Gegen das Ausbleiben der persönlichen Kontakte mit den Verwandten hilft ein Mittel: Die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten. Sie helfen sehr. Doch etwas anderes hatte ich unterschätzt: Den Alltag ohne bekannte Gesichter. Egal ob einnehmende oder abweisende. Oder ein unverbindliches Zuwinken auf der Strasse. Und dann vor allem die sich von selbst ergebenden Spontanbegegnungen. Das kann ein Briefkastenschwatz sein, ein spontanes Feierabendbier, ein Gespräch über Gott und die Welt, schnöden über bizarre gesellschaftliche Entwicklungen, eine Lehrstunde zu Rotwein. Ich begegne hiertäglich freundlich lächelnden, rücksichtsvollen Menschen. Es sind Tausende. Doch bisher hat noch keiner gesagt: «Hoi, wie geits?» Wohl höchste Zeit, im Quartier einen Deutschschweizer-Sprachkurs anzubieten.

 

 

 

22. Oktober

 

Das aktuelle Weltgeschehen wühlt auf. Auch abseits der Krisenherde beschäftigt man sich unweigerlich mit Themen wie Ordnung, Gewalt und Sicherheit. Singapur ist save. Flanieren in der Arab Street, Little India, Chinatown? Mindestens so entspannt, wie in Schweizer Kleinstadt. Taschendiebstahl? Kein Thema. Habe kürzlich die gut gefüllte Bauchtasche bei einer Essensbestellung in einem Food Court auf dem Tisch liegen lassen. Sie wartete geduldig, mit sämtlichem Inhalt. Noch weit beeindruckender und für mich als Vater eine Beruhigungspille: Es existiert kaum eine andere Millionenstadt auf dieser Welt, in denen man die Teenager-Tochter unbeschwert allein zirkulieren lassen kannst. Dies überall, zu jeder Zeit. Sowohl auf den Strassen als auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln U-Bahn und Bus. No-Go-Quartiere gibt es schlichtweg keine.

 

Die Polizei ist spärlich sichtbar. Dafür wachen lückenlos Videokameras über das Geschehen. Und schliesslich wissen böse Buben und Mädchen haargenau, was ihnen blüht, wenn sie sich danebenbenehmen: Sie werden nicht siebenmal liebevoll ermahnt und höflich gebeten, sich wenn immer möglich zu bessern. Die mit einem Arbeitsvisum verlieren unverzüglich den Job und werden ohne viel Federlesens ausgeschafft. Hier steht die Gesellschaft nun einmal über dem Individuum. Letzteres muss sich an Regeln halten und erhält dafür etwas. Quasi ein Tausch ohne Spielraum. Niemand spuckt Kaugummi auf die Strasse und veranstaltet in der U-Bahn mit Esswaren oder einer Spraydose eine Sauerei. Dafür gibt’s einen sauberen Lebensraum. Niemand nimmt sich die Freiheit heraus, andere Menschen zu bedrängen oder gar Gewalt auszuüben. Jeder erhält dadurch Sicherheit, wie in wenigen anderen Staaten. Da kommen einige Aspekte zusammen. Letztlich sollte jedes Land seine Regeln und Gesetze durchsetzen. Allein gutes Zureden oder gar Wegschauen reicht nicht, wenn Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen zusammenleben. 

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