2. Februar
Ordnung muss sein in Singapur. So auch in der U-Bahn. Hier heisst sie MRT (Mass Rapid Transit). Die Sauberkeit und Disziplin basiert auf klaren Regeln: Kein Essen, keine Getränke, Rauchverbot, keine entflammbare Gegenstände, keine Durian. Dabei handelt es sich um extrem geruchsintensive, um nicht zu sagen stinkende Früchte. Sie sind etwa so gross wie ein Handball und es gibt tatsächlich Menschen, die diese Dinger mit Genuss verschlingen. Aber wie gesagt, in der U-Bahn haben sie nichts verloren. Eine grossflächige Kampagne weist gerade darauf hin, dass Betatschen ebenfalls nicht geht. Wie wenn jemand auf die Idee käme so etwas zu tun. Tausende Überwachungskameras und Augen anderer Fahrgäste lassen solche Ideen schon gar nicht aufkommen. Kommt bei Verstössen gegen das Gesetz hinzu, dass jedermann weiss, in Singapur wird nicht zehnmal ermahnt, viel Verständnis aufgebracht und bloss gut zugeredet
5. Februar
Das Chinesische Neujahr steht bevor. Wir steigen ins Jahr der Drachen. Singapur feiert den Auftakt offiziell am 9./10. Februar. Anlässe und Festivitäten gibt's danach während zwei Wochen. Schenken und beschenkt werden hat einen sehr hohen Stellenwert. Das Angebot in den Läden ist mehr als üppig. Komme in den nächsten Tagen ausführlich darauf zurück.
6. Februar
Die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie dürften einigen noch präsent sein: Singapur ist spitze. Die Gründe? Gesellschaftlich-kulturelle spielen dabei zweifellos eine grosse Rolle. Schon mal vorneweg: Überraschend kommt das überhaupt nicht, wenn ich mein näheres Umfeld betrachte. Das Bildungssystem ist höchst kompetitiv geprägt. Alle powern mit. Bereits die Kleinsten schieben neben den Hausaufgaben Sonderschichten nach der Schule und an Wochenenden. Dieser Zusatzunterricht ist ein Millionengeschäft privater Anbieter. Auffällig: Besonders gepusht wird Mathematik! Die Kehrseite kommt bei der Bilanz einer aktuellen Umfrage zum Ausdruck: Das fordernde Bildungssystem sei zwar mit akademischer Exzellenz verbunden, doch diese habe auch ihre Schattenseiten. Die Rede ist von negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Der Druck ständig Leistung zu erbringen, führe zu erhöhtem Stress, Ängsten und Burnouts. Die Grundschule dauert sechs Jahre. Danach folgt die vier- bis sechsjährige Sekundarschule. Und auf dem akademischen Weg geht es dann erst richtig los.
Singapur hat zudem den dritten Platz in einer globalen Rangliste der weltweit anspruchsvollsten Bildungssysteme gesichert hat. Dies geht aus dem Report von MastersDegree.net (Anlaufstelle für die Hochschulbildung) hervor. Südkorea führt die zehn Länder an. Nebst China, Japan, Hongkong, Taiwan, Südafrika und den USA taucht Finnland als europäisches Land auf dieser Hitliste auf.
18. Februar
Wochenende in Bangkok. Singapur ist gross, die thailändisches Hauptstadt ist noch deutlich grösser. Singapur ist heiss, in Bangkok wars eher noch heisser. Singapur ist sehr teuer, Bangkok ist sehr viel günstiger. Singapur verfügt über einige Heiligtümer. Die schier unzähligen Tempelanlagen in Bangkok sind jedoch so was von gewaltig. Ein lohnenswerter Kurztrip.
22. Februar
Besuch in einem Restaurant, das einem Bekannten gehört. Einem Westschweizer, der Schweizer Spezialitäten anbietet. Also von Waadtländer Weinen über Winzerrösti bis Fondue. Die Weine sind allerdings wegen der hohen Alkoholsteuer kaum bezahlbar, aber sonst war alles bestens. Asiaten, die sich hinter ein Fondue gewagt hatten, dürften den Besuch allerdings weit kritischer beurteilen. Sie sassen angespannt im gekühlten Innenraum und rührten nach dem ersten Bissen ziemlich lustlos in der Käsemasse herum. Immerhin, das Brot haben sie gegessen und dazu ein weiteres Bier bestellt.
24. Februar
Nun aber zum wichtigsten Anlass im chinesischen Kalender - das Chinesische Neujahr. Er umfasst die zwölf Tierkreiszeichen Ratte, Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund und Schwein. Während unsere Sternzeichen bloss einen Geburtsmonat deuten, beziehen sich die Tierzeichen auf ein ganzes Jahr.
Am 10. Februar sind wir ins Jahr des Drachens gestartet. Bisher hatte ich das Chinesische Neujahr primär als millionenfache Völkerwanderung innerhalb des Reichs der Mitte wahrgenommen. Jetzt erlebe ich, wie wichtig das Fest auch in andern Ländern Südostasiens mit grosser chinesischer Bevölkerung ist.
In China ist es für viele Menschen die einzige längere arbeitsfreie Zeit im Jahr. Wer nicht die Familie besucht, reist sonst in der Weltgeschichte herum. Chinesische Reisegruppen sind auch hier nicht zu übersehen – also herrschte in den touristischen Hochburgen Dichtestress, der den Namen wirklich verdient. Rote Dekorationen dominieren die Stadt seit Wochen. Die Farbe für Glück in der chinesischen Kultur. In Singapur gewährt zwar offiziell lediglich zwei freie Tage (toll, auch für uns Nichtchinesen). Seit dem Auftakt am vorletzten Wochenende gibt’s nun überall Attraktionen und Festivitäten. Chinesisch stämmige Singapurer haben uns vor ein paar Tagen zu einem traditionellen, üppigen Duck-Essgelage entführt. Hervorragend.
Immer wieder anzutreffen sind farbenfrohe Gruppen von wilden Lion-Dancer. Am kommenden Wochenende enden nun die Veranstaltungen.
Die tiefere Bedeutung der Feiertage ist zweifellos gegeben. So werden Gottheiten und Vorfahren ausgiebig geehrt, die Familienbande hochgehalten - doch als Aussenstehender beobachte ich hier nicht zuletzt den kommerziellen Rummel. Schenken und beschenkt werden ist enorm wichtig. Dazu gehören etwa toll verpackte, speziell grosse Mandarinen und Orangen. Sie symbolisieren Gaben aus Gold. Im Bekanntenkreis werden zudem Geldscheine in roten Couverts verteilt.
In den Shopping-Malls an der Orchard Road ist eh immer viel los, doch nun war die Bewegungsfreiheit schier null. Wer günstiger Geschenke einkaufen wollte, stand jeweils am Grenzübergang nach Malaysia in einer Endlos-Autoschlange. Grenzenlos ebenfalls die Onlineangebote.
27. Februar
Hier zum Abschluss des Monats noch einige Impressionen, losgelöst von einem bestimmten Themenbereich. Fast täglich stosse ich auf Sujets, die mich faszinieren oder zumindest interessieren. Zum Bild von Raffles ist noch zu sagen, dass es eine zweite Statue von ihm in Weiss gibt. Diese steht am Singapore River, dort wo Raffles erstmals angelegt haben soll.
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