1. August 2024
Die Schweiz feiert Geburtstag. Hier ein ganz normaler Arbeitstag für die Eidgenossen. Wer Heimatgefühle entwickelt, muss bis Samstag warten. Im Swiss Club geht die 3. August-Party über die Bühne. Am 9. August dann der allgemeine Feiertag, wenn Singapur den 59. Geburtstag gross feiert. Da werden wiederum Massen unterwegs sein. Singapurer sind ausgesprochen patriotisch und wollen sich all die Attraktionen, vom gewaltigen Feuerwerk bis zu den militärischen Muskelspielen, nicht entgehen lassen.
Nicht entgehen lassen sollten sich Touristen den Pinnacle@Duxton. Gegenwärtig trifft man immer wieder Schweizer Reisende, die Indonesien oder Australien/Neuseeland im Visier haben und in Singapur einen Stopover machen. Hoch hinaus, diesen Drang spüren viele Städtebesucher, schliesslich verändert sich die Perspektive auf einem Aussichtsturm massiv. In Singapur beliebt ist der architektonisch spektakuläre 5-Sterne-Palast Marina Bay Sands. Die Rundumsicht auf der öffentlich zugänglichen Plattform ist zweifellos toll, allerdings nicht ganz billig
Hier deshalb für Kostenbewusste die kaum bekannte Alternative zum exklusiven Hotel. Für lediglich ein paar Dollar geht’s auf den Pinnacle@Duxton. Einen gewaltigen Komplex unweit von Chinatown. Er besteht aus sieben Gebäuden. Eine weitläufige Flanier-Terrasse im 50. Stock verbindet die über 160 Meter hohen Silos des sozialen Wohnungsbaus. Sie enthalten rund 1800 Wohnungen. Der richtige Lift-Einstieg ist nicht leicht zu finden. Im Sockel des Gebäudes G befindet sich ein dezenter Schalter. Zwingend die U-Bahnkarte mitnehmen, dort wird der Zugangscode eingescannt. Der Abstecher lohnt sich für alle, die Höhenluft und Weitsicht schätzen.
4. August 2024
Ungewohnt: Bei offiziellen Veranstaltungen bin ich jetzt bloss noch das Anhängsel meiner Frau. Egal, unterhaltsam war der Anlass auch so. Ein namhaftes Trio beim Smalltalk: Senior Ministerin Sim Ann, die Singapur auf der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock vertreten hat, in die Mitte genommen vom Australischen Botschafter in Singapur, Allaster Cox und dem Schweizer Staatssekretär Alexander Fasel. Chance genutzt, als Sim Ann von ihrer Mitarbeiterin weggelotst wurde. Fasel, inzwischen der höchste Beamte im Aussendepartement in aufgeräumter Stimmung. Trotzdem liess er sich über das EU-Dossier nichts entlocken. Umso mehr schwärmte er von seiner Zeit als Botschafter in London, dem Besuch bei der Königin und leicht schrägen Begegnungen mit Boris Johnson. Cox schmunzelte verständnisvoll. Fasel war auf dem Weg nach Vietnam, wo ihn nach dem Tod des Parteichefs Nguyen Phu Trong ein deutlich abgespecktes Programm erwartete: «Werde wohl bloss das Kondolenzschreiben überreichen können».
10. August 2024
Am gestrigen Nationalfeiertag gab es für die Singapurer kein Halten mehr - und dem Beobachter blieb das grosse Staunen: Heerscharen strömten rot-weiss gekleidet Richtung Marina. Oder noch besser gleich zur National Gallery, wo ein gigantisches Stadion aufgebaut wurde, das 27'000 Personen Platz bot. Hinein kamen allerdings bloss geladene Einheimische. Ein Privileg, das jeweils Glücksgefühle auslöst, wie der Singapurer Chi mit wedelndem Ticket in der Hand stolz erklärte. Weshalb, erfuhren wir erst später, beim Betrachten der TV-Live-Übertragung in einem nahegelegenen Restaurant. Unter den Augen von Präsident Tharman Shanmugaratnam und Neo-Premier Lawrence Wong samt seinen Ministern wurde eine zweistündige perfekte Show geboten. Mit auf der Tribüne fehlte natürlich auch der bisherige Premierminister Lee Hsien Loong nicht, seines Zeichens Sohn des legendären Staatsgründers Lee Kwan Yew.
Überschwänglich patriotische Musikdarbietungen und Tanzeinlagen wurden unterbrochen von Showeinlagen der Polizei und des Militärs, die an Echtheit nichts zu wünschen übrig liessen. So wurde ein entführter Bus durch die Fenster gestürmt und befreit, ein verdächtiger Koffer mittels Sprengroboter in die Luft gejagt und ein Terrorist gestellt, respektive nach Gegenwehr gleich "erschossen". Schwerbewaffnete Sondereinheiten sicherten das Gelände rund um das Stadion gut sichtbar hermetisch ab, damit es schon gar nicht zu einem Ernsteinsatz kommen sollte. Die Polizei war zahlreich präsent. Ganz ungewohnt, da im Alltag kaum Ordnungshüter sichtbar sind.
Nach der Nationalhymne lächelte der Präsident zu Selfies, bevor er im weissen Mercedes, begleitet von Motorrädern davonglitt.
Damit war der Weg frei für die F-16 Kampfjets, die über die Köpfe der Massen hinwegdonnerten, ehe sie einem knallig-farbigen Feuerwerk Platz machten. Unter uns: Wen das Sardinenbüchsen-Dasein in Unruhe versetzt, sollte sich jeweils am 9. August von der Marina-Gegend in Singapur unbedingt weiträumig fernhalten.
11. August 2024
Heute gehen die Olympischen Spiele in Paris zu Ende. In ihrer Geschichte haben Sportler aus Singapur bisher erst fünf Medaillen errungen. Letztmals 2016 allerdings gar eine Goldene im Schwimmen. Jetzt hat es wieder einmal einem Wettkämpfer gereicht. Sein Name, Max Maeder. Tönt schweizerisch. Richtig, sein Vater stammt aus helvetischen Landen, seine Mutter aus Singapur. Er ist ein begnadeter Kitsurfer. Erst 17-jährig hat er bereits mehrere Titelkämpfe gewonnen. Die Singapurer hatten denn auch für Paris den Champagner bereits kaltgestellt. Maeder hat schliesslich die Bronzemedaille geholt. Das Wasser und der Wind in Südfrankreich waren ihm wohl zu wenig wild. Egal, in Singapur ist er jetzt der grosse Held. Premier Wong hat ihm umgehend gratuliert und die Medien im Inselstaat überschlagen sich mit Bildern und Grossbuchstaben. Sogar in der Schweiz hat es jemand gemerkt, obwohl dort das Kiten eine Randsport ist. Der Blick hat sinnigerweise geschrieben: eine halbe Medaille für die Schweiz. Am 14. August wird Maeder nach Singapur zurückkehren. Da wird ihm zweifellos ein grandioser Empfang bereitet
16. August 2024
Das Busnetz von Singapur soll auf E-Mobilität umgestellt werden. Das Massentransportmittel auf der Strasse unterstützt das leistungsfähige U-Bahnnetz in der Peripherie. Die Land Transport Authority (LTA) hat sich verpflichtet, die Busflotte bis 2040 vollständig umzurüsten. Ein Sprecher ergänzte dieser Tage vor den Medien: «Bis 2030 dürften Elektrobusse die Hälfte unserer öffentlichen Busflotte ausmachen». Ab Dezember 2024 werden die neuen Elektrobusse schrittweise im Personenverkehr eingesetzt. Sie werden die Dieselbusse ersetzen, welche nach 17 Jahren das Ende ihrer gesetzlichen Lebensdauer erreicht haben. Die Rede ist von 360 neuen Elektrobussen. Dies im Rahmen einer Anschaffung in der Höhe von 110 Millionen Schweizer Franken. Um die Einführung der neuen batteriebetriebenen Fahrzeuge zu unterstützen, wurden außerdem zwei weitere Aufträge im Wert von 30 Millionen Franken für die Bereitstellung von Ladesystemen in Busdepots vergeben. Mit der jüngsten Anschaffung erhöht sich die Gesamtzahl der batteriebetriebenen Busse auf 420. Diese Zahl entspricht rund sieben Prozent der aktuellen Gesamtflotte. „Mehr Pendler werden sauberere, leisere Fahrten genießen können“, sagt der amtierende Verkehrsminister Chee Hong Tat. Er führte weiter aus, dass die Elektrifizierung der öffentlichen Busflotte ein wichtiger Teil der Reduzierung der Emissionen des gesamten Strassenverkehrs ausmache, der derzeit rund 15 Prozent beträgt. „Unser Ziel ist es, bis 2050 Netto-Null zu erreichen. Das geht noch eine Weile, aber wir müssen jetzt anfangen. Wir können nicht warten und nichts tun“, fügte er hinzu.
Von den 360 neuen Elektrobussen, die im Rahmen der jüngsten Ausschreibung gekauft wurden, werden 240 vom chinesischen Elektrofahrzeug-Riesen BYD geliefert. Dem Schweizer Busbauer Hess aus Bellach ist es gelungen, einen Teilauftrag von BYD zu ergattern.
21. August 2024
Singapur überlässt nichts dem Zufall und stellt unverhandelbare Regeln quer durch sämtliche Lebensbereiche auf. Alle machen mit, denn es kann teuer. Wer jedoch einmal darauf eingespurt ist, merkt davon im Alltag kaum mehr etwas. Hier einige Beispiele, die empfindliche Löcher ins Portemonnaie reissen, wenn man es drauf anlegt.
29. August 2024
A star ist born. Sein Name Max Maeder (eigentlich Mäder, siehe auch 11. August). Nach seiner Olympiamedaille überschlagen sich die Medien weiterhin mit Texten, Bildern und Videos. Wo Max auch immer auftritt, flippen die sportbegeisterten Singapurer aus. Während die Fans an einem Sponsorenanlass für ein Autogramm und ein Selfie Schlange stehen, unterhalte ich mich mit dem sichtlich stolzen Vater Valentin: «Wir leben schon lange in Südostasien. Max ist sehr ehrgeizig, er hat sich unbeeinflusst und spontan für Singapur entschieden. Sein jüngerer Bruder dagegen, der bereits Erwachsene das Fürchten lehrt, will künftig für die Schweiz Medaillen holen». Das hören wir doch gerne. Weiter betont er: «Wenn du heute an der Kite-Weltspitze eine Chance haben willst, brauchst zwingend ein professionelles Umfeld. Das haben wir geschaffen, es berücksichtigt Training, Bildung, Gesundheit und natürlich die finanziellen Belange», so Valentin Mäder. Derweil sein älterer Sohn einen der kommerziell wichtigen Auftritte souverän und sichtlich mit Spass absolviert.
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