1. Oktober 2024
Wer während eines Zwischenstopps genügend Zeit hat oder erschlagen ist von Grossstadteindrücken, sollte das Naturparadies Pulau Ubin ins Visier nehmen. Eine der über sechzig Inseln, die zu Singapur gehören. Sentosa ist Rambazamba mit heute üblichem Schnickschnack wie Disney World. Dagegen kommt Pulau Ubin einem Abstecher in eine vergangene Welt gleich. Dieser beginnt gleich am Ferry-Terminal (am besten mit Taxi dorthin). Kleine Motorschiffe stehen herum, die ihre besten Tage längst gesehen haben. Es sind «Bumboats», so die Bezeichnung für die Händlerschiffe, die einst zur Versorgung von grossen, vor Anker liegenden Schiffen dienten.
Ein Boot legt ab, sobald zwölf Personen Platz genommen haben. Die Überfahrt dauert fünfzehn Minuten und kostet vier Dollar. Cash only. Wie auf dem Inselchen auch. Nach der Ankunft wähnen sich Besucher augenblicklich in einem anderen Land. Von den einst über zweitausend Menschen leben heute noch um die hundert ständig dort. Mit Fischen, einfacher Verpflegung für Touristen und nicht zuletzt Velovermietung halten sie sich über Wasser. Für sportliche Biker wurden Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden hergerichtet. Touristen ohne Ambitionen kurven dagegen problemlos auf weitgehend flachen Wegen herum. Als Zugabe gibt’s ein angenehmes Lüftchen. Zu Fuss auf Erkundigungstour zu gehen ist natürlich möglich, bei tropischen Bedingungen allerdings deutlich schweisstreibender. Naturliebhaber und alle, die ihre Seele etwas baumeln lassen wollen, werden den Ausflug geniessen.
3. Oktober 2024
In einer früheren Ausgabe habe ich das gigantische Solarprojekt im Norden Australiens ausführlich beschrieben. Singapur will über ein 4200 Kilometer langes Seekabel Strom von dort beziehen. Eben hat das australische Umweltministerium grünes Licht für den Bau gegeben. Zustimmen müssen noch die indonesische Regierung und die Vertreter der australischen Ureinwohner. Wenn alles rund läuft soll der Solarpark ab 2030 in Betrieb sein. Wenn wir schon beim hohen Energiebedarf sind: Als die grösste Erfindung des 20. Jahrhunderts hat Lee Kuan Yew, der erste Premierminister von Singapur, die Klimaanlage einst bezeichnet. Dank dieser Kühlgeräte sei für den Inselstaat auf einer Fläche des Kantons Solothurn die Transformation von einer verschlafenen Kolonie zu einem der wichtigsten Dienstleistungs- und Technologiezentrum weltweit überhaupt erst möglich geworden. Eine interessante Betrachtung von Lee Kuan Yew selig - zwei, drei weitere Faktoren dürften dabei wohl auch noch eine Rolle gespielt haben. Aber der Zusammenhang war schon mal nicht schlecht.
6. Oktober 2024
Papst Franziskus besuchte im vergangenen Monat Indonesien, Papua-Neuguinea und Osttimor. Zum Abschluss seiner Reise kam der Pontifex zudem nach Singapur. Der Inselstaat ist bekannt für seine multireligiöse und multiethnische Gesellschaft. Die bedeutendsten Religionen in Singapur sind Buddhismus, Christentum, Islam und Hinduismus. Ein Fünftel gehört keiner Glaubensrichtung an. Der Anteil der Christen ist in den vergangenen Jahrzehnten von 9,9 Prozent auf 19 Prozent gestiegen. Zurückgeführt wird dies auf Übertritte und die Anzahl von Menschen, welche in christlichen Familien geboren wurden. Mehrheitlich allerdings nicht Katholiken. Der Papst wolle diese Gemeinschaften in Singapur weiter spirituell inspirieren, so der Vatikan im Vorfeld der Reise. Mit Franziskus war erst das zweite katholische Kirchenoberhaupt zu Gast in Singapur. 1986 besuchte Johannes Paul II. den Inselstaat. Apropos multireligiös: Beim Zurückblättern ist mir aufgefallen, dass der inzwischen verstorbene Staatsgründer Lee Kuan Yew 2011 für ordentlich Wirbel gesorgt hatte: Er zweifelte damals die Integrationsfähigkeit des Islam an. Er musste schliesslich zurückrudern und betonte, dass er bloss von extremistischen Islamisten sowie dschihadistischen Predigern und ihrer Gehirnwäsche gesprochen habe. «Deren Versionen vom Islam unterschreibt die überwältigende Mehrheit der Muslime in Singapur nicht», fügte er an.
10. Oktober 2024
Kurzer Abstecher in die herbstliche Schweiz. Etliche anstehende Dinge erfolgreich erledigt. Zudem ist es trotz Ferienabwesenheiten gelungen, längst nicht alle aber doch einige Verwandte und Befreundete wieder einmal persönlich zu treffen. Nun, die Reisekoffer stehen bereit. Zwei, drei Schweizer Produkte kommen mit. Im Hochpreisland Singapur ist zwar alles zu haben, einiges allerdings bloss zu Fantasiepreisen. Nach der Rückkehr gibt es auch in Südostasien Herbstferien. Gebucht ist Chiang Mai, im Norden Thailands (ein Katzensprung von Singapur aus). Alles stornieren? Die jüngsten Überschwemmungen waren ziemlich übel. Darüber schlafen, alles abwägen. Geschlafen: Chiang Mai verschoben. Neues Ziel Penang/Georgetown, etwas nördlich von Kuala Lumpur/Malaysia.
17. Oktober 2024
Das sorgt für Gesprächsstoff in Singapur: Elon Musk hat einen Videoclip des im vergangenen Mai zurückgetretenen Premiers Lee Hsien Loong geteilt, in dem dieser über Wokeness spricht. Musk schien von dessen Einstellung beeindruckt zu sein und schrieb dazu: «Das ist Weisheit». Auf Fragen zu Rassismus sagte Lee Hsien Loong: «Im Westen gibt es eine Bewegung namens Wokeness, bei der man gegenüber anderen Menschen extrem empfindlich ist, man gegenüber den Problemen anderer Menschen extrem empfindlich wird. Man reagiert gar überempfindlich, wenn Menschen Dinge sagen, ohne den Respekt, den man selber für angemessen hält». Lee fügte hinzu, dass Wokeness zu extremen Einstellungen und sozialen Normen führe, die das Leben zur Last machen könnten. Wokeness trage auch nicht zur Widerstandsfähigkeit und zum sozialen Zusammenhalt bei, sagte er und forderte die Menschen auf, „robuster“ zu sein. Seit Musk den Clip geteilt hat, wurde er über 33 Millionen Mal angeklickt. Viele X-Benutzer stimmten Musk und dem Ex-Premier zu. So ist in einem Kommentar zu lesen: «Mir gefällt wirklich, wie er über das Thema spricht! Es gibt keine Anzeichen von Hass! Er analysiert einfach die Situation und teilt seine Sorgen! Wir brauchen mehr Menschen wie ihn!» und fügt unbedarft hinzu: «Lee Hsien Loong, wer ist dieser Mann?»
27. Oktober 2024
Wer schon mal in Thailand oder Indonesien eingereist ist, kann vom Beine in den Bauch stehen ein mehrstrophisches Lied singen. Nicht so in Singapur: Alles geschieht voll elektronisch, mit ausreichend Stationen. Einfach frühestens drei Tage vorher auf Singapore Arrival Card anmelden. Dann geht es zack, zack und man steht bei der Gepäckausgabe, sofern solches aufgegeben wurde. Neuster Schritt, auch für Ausländer mit Wohnsitz in Singapur, sie müssen am Changi-Airport bei der Einreise nicht einmal mehr den Pass zücken. Gestern Samstag aus Penang kommend erstmals ausprobiert – und es funktioniert. Einfach brav hinstehen, in die Kamera gucken und nach Gesichtserkennung öffnet sich die Schranke wie von Geisterhand. Mit anderen Worten, wenige Minuten nach der Landung gings auf dem «heimischen» Boden im Taxi bereits Richtung Zuhause (Singapur in Äquatornähe kennt übrigens keine Zeitumstellung. Deshalb beträgt die Differenz zur Schweiz ab heute nun 7 Stunden plus).
29. Oktober 2024
Das fällt auf: Rücksichtnahme gegenüber den Mitmenschen ist hier keine leere Floskel. Selbst im grössten U-Bahn-Gedränge wird geduldig gewartet, bis das Einfädeln zur Rolltreppe ohne Körperkontakt möglich ist. Und in der U-Bahn werden älteren Menschen, körperlich Benachteiligten oder Müttern mit Kindern jederzeit Sitzplätze freigegeben. Stoisches Schlange stehen beim Essensstand ist so selbstverständlich wie das geduldige Warten bei Veranstaltungen. Freundliche Menschen sind ansteckend, manchmal sind selbst die gehetzten Touristen nicht immun dagegen. Das friedliche Zusammenleben im multireligiösen Vielvölkerstaat Singapur verblüfft immer wieder von Neuem. Das dies gelingt, hängt auch mit dem Bemühen zusammen, auf dem Erfolgspfad möglichst keine Abgehängten zu hinterlassen. Zum Beispiel die ältere Bevölkerung. Sie nimmt zu und damit auch die Gefahr der Vereinsamung. Tatenlos wird auch dies nicht einfach hingenommen, wie die Plakataktion gleich um die Ecke verdeutlicht. Alleinstehende werden aufgesucht, betreut, beraten oder können sich auch bloss für eine Weile mit einem Gesprächspartner unterhalten. Am vergangenen Samstag fand auch in unserem Quartier ein solcher Home Visits-Tag statt. Es war der vierte von fünf in diesem Jahr.
30. Oktober 2024
Auch wenn Schwimmen in der Schweiz weniger Aufmerksamkeit als Skifahren geniesst, wird Noè Ponti Sportinteressierten bestimmt ein Begriff sein. Der Tessiner hat bereits eine Olympia-Medaille auf seinem Konto (Bronze Tokyo) und jetzt auch einen Weltrekord. Den hat er eben in Shanghai über 50 Meter Schmetterling aufgestellt. Bevor er kommenden Montag in die Rekrutenschule einrücken wird, hat sich Ponti gestern Dienstag noch kurz im Schwimmbecken des Swiss Clubs Singapur getummelt. Dabei ging es nicht um Hundertstelsekunden. Vielmehr kamen schwimmbegeisterte Kids der Schweizer Schule in den Genuss von Trainingstipps eines Weltklasseathleten. Der 23-Jährige gab zudem Einblicke in sein Sportlerleben und wie er sich nach dem für ihn enttäuschenden 4. Rang an den Olympischen Spielen 24 in Paris wieder aufgerichtet hat. Dazu gehörte nicht zuletzt ein Ferienaufenthalt in Kenia. Der hat ganz offensichtlich Wunder gewirkt, wie seine jüngsten Exploits gezeigt haben.
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Marianne Würsch (Dienstag, 01 Oktober 2024 07:17)
Mit Interesse habe ich Ihre Beiträge gelesen. Da mein Sohn 10 Jahre in Singapur lebte, aber seit 3 Jahren wieder in Zürich, verfolge ich immer noch die Geschehnisse in diesem Staat.
Danke und weiterhin alles Gute in der Wärme.